Viel lieber Betreuungsverhältnisse

31. July 2009

Der Rektor der Universität Leipzig, Franz Häuser, beschimpft eine staatliche Imagekampagne für das Studium in den neuen Bundesländern:

“Saublöd”

– und tut ihr damit einen Riesengefallen: Ohne diesen Aufmacher wäre sie wohl nicht bei SPIEGEL Online gelandet.

Die Kampagne – sie heißt “Studieren in Fernost” – dreht gerade kurze Filme über ostdeutsche Hochschulen. Die Handlung jeweils: Zwei überdrehte Vögel namens “Gang” und “Dong” fahren im Kleinbus zur Uni und machen dort Blödsinn. Sieben Filme sind schon fertig. In Leipzig bemühte man das Gruselfilm-Genre, eine nicht ganz unpassende Idee. Das sah dann so aus:

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Und so:

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Häuser hatte für den Film selbst mit “Gang und Dong” gesprochen und dabei Sätze gesagt wie:

“Wir präsentieren unsere Universität als eine moderne Universität im Konzert der deutschen, der europäischen, ja vielleicht auch der Welthochschulen.”

Gang und Dong trugen bei dem Gespräch übrigens Vampirkostüme – Interview mit einem Rektor. Sie parierten Häusers Aussage so:

“Wie, keine Gruften?”

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Bei einem Laborbesuch drückten sie den falschen Knopf und wurden geschrumpft:

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Rektor Häuser war mit dem fertigen Film, wie bereits gesagt, nicht zufrieden. Die Vorteile der Universität seien viel zu kurz gekommen. Er hätte viel lieber “über Betreuungsverhältnisse, Forschungsprojekte, Internationalität und Wohnheimplätze” geredet, doch das sei alles “weggeschnitten” worden.

Das allerdings ist nicht verwunderlich.

Den Anschluss an die Rankings haben die ostdeutschen Hochschulen längst geschafft. Die Cottbuser Wirtschaftsingenieure, die Chemnitzer Chemiker und die Juristen in Frankfurt (Oder) spielen ganz oben mit. An den Studienbedingungen liegt es nicht, dass die Unis und FHs im Osten nicht voll werden. Es liegt am Ruf der Region; in zu vielen Köpfen steht der Osten für Nazis, Plattenbauten und Betonlaternen. Kann man das Image des Ostens verbessern, indem man zwei alberne Vollspacken hinschickt und zeigt, dass sie dort nicht zusammengeschlagen werden, obwohl sie asiatisch aussehen? Das wird sich zeigen. Mit Drittmittelprosa über Betreuungsverhältnisse alleine ist es jedenfalls nicht getan. Gut also, dass man Häusers Vortrag beherzt gekürzt hat. Die Zielgruppe hätte ihn schlicht weggeklickt.

Bildquellen: Hochschulinitiative Neue Bundesländer


Gewaltenteilung und “imperatives Mandat”

15. July 2009

Hurra! Die CSU fordert mehr Mitspracherechte für den Bundestag auf europäischer Ebene:

Bundestag und Bundesrat sollen das Recht erhalten, zu jeder europäischen Entscheidung eine Stellungnahme abzugeben. Nehmen sie dieses Recht wahr, soll die Bundesregierung bei Verhandlungen an die Stellungnahme gebunden sein. Dieser Vorschlag orientiert sich an Regelungen, die in Österreich gelten.

Zu jeder europäischen Entscheidung? Wohl kaum. Das BVerfG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Grundsatz der Gewaltenteilung auch die Exekutive schützt. Ihr muss ein “Kernbereich” erhalten bleiben. Zu diesem Kernbereich gehören unter anderem die Willensbildung der Regierung, der Vollzug der Gesetze im Einzelfall sowie bestimmte auswärtige Angelegenheiten. Das Grundgesetz, so das BVerfG, “spricht dem Parlament nicht einen allumfassenden Vorrang bei grundlegenden Entscheidungen zu.”

Das Parlament darf also nicht jede Angelegenheit zu seiner eigenen machen, sondern nur jene, für die es auch nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung zuständig ist. So ist es auch in Österreich, das von der CSU als Beispiel herangezogen wird: Dort richtet sich die Mitwirkung des Parlaments in Bundessachen nach Art. 23e Abs. 2 B-VG. Die Vorschrift bestimmt:

Liegt dem zuständigen Mitglied der Bundesregierung eine Stellungnahme des Nationalrates zu einem Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union vor, das durch Bundesgesetz umzusetzen ist oder das auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet ist, der Angelegenheiten betrifft, die bundesgesetzlich zu regeln wären, so ist es bei Verhandlungen und Abstimmungen in der Europäischen Union an diese Stellungnahme gebunden. Es darf davon nur aus zwingenden außen- und integrationspolitischen Gründen abweichen.

(Der Nationalrat ist die erste Kammer des österreichischen Parlaments, die zweite Kammer ist der Bundesrat, dessen Mitglieder von den Landtagen entsendet werden. Art. 23d Abs. 2 B-VG enthält eine entsprechende Regelung für die Mitwirkung des Bundesrates in Länderangelegenheiten.)

Auch in Österreich gilt also: Der Gesetzgeber darf der vollziehenden Gewalt nur hineinreden, wenn es Angelegenheiten betrifft, die gesetzlich geregelt werden können. Dass wir noch einmal unsere Exekutive vor den Politikern schützen müssen: Wer hätte das gedacht?