17 Verrisse

8. March 2009

Die amüsanteste Form der Buchkritik ist der gnadenlose Verriss. Wer sich für 2,90 Euro heute die F.A.S. kauft, bekommt davon reichlich: “17 gute Bücher, die wir hassen

Der “Steppenwolf” von Hesse, z.B.:

“Ein peinliches Künstlerdrama, sonst nichts!” (Julia Encke)

“Schöne neue Welt” von Huxley:

“Klassiker der neuzeitlichen Zivilisationsmiesepeterei” (Dietmar Dath)

“Wälsungenblut” von Thomas Mann:

“Alles, was die Deutschen an Thomas Mann lieben, finden sie in Thomas Manns Erzählung ‘Wälsungenblut’: Worte wie ‘durchaus’, ‘beständig’, dergestalt’, psychologisierenden Kitsch, halbgedachte Gedanken über das große Ganze, unendlich lange, zwanghafte Beschreibungen von Kleidern, Möbelstücken, Physiognomien, fast gar keine Handlung, sehr viel Richard Wagner – und ein paar überhebliche reiche Juden, die in die deutsche Gesellschaft drängen, finanziell und sexuell.” (Maxim Biller)

Bernhard Schlinks “Vorleser”:

“Ein Buch wie eine Kotztüte. Man weiß, was kommt.” (Patrick Bahners)

Der gute Daniel Kehlmann kriegt für seine “Vermessung” auch sein Fett weg, allerdings in Maßen:  “Nicht sehr interessant” sei der Roman. Was natürlich überhaupt nicht stimmt.

Für uns Juristen immerhin hält die Zeitung Tröstliches von Marcel Reich-Ranicki bereit, der grummelnd eine Leserfrage nach dem “Vorleser” beantwortet:

“Was stört Sie daran, dass Bernhard Schlink ein ‘dichtender Jurist’ ist? Auch Heine war ein dichtender Jurist, auch der Geheimrat aus Weimar. Und das sind doch nicht die kümmerlichsten deutschen Autoren.”


Alles hat ein “End”, nur die…

28. December 2008

end

“End” ist ein begehbares Riesenkunstwerk von Gregor Schneider am Museum Abteiberg in Mönchengladbach. Alle drei Minuten wird genau ein Besucher eingelassen, der dann alleine abwechselnd durch völlige Dunkelheit wandelt, seltsame Räume betritt, steile Leitern hinabsteigt und über morbide Plastiken stolpert. “Mysteriös und ein wenig unheimlich” ist es dort drinnen. Festes Schuhwerk wird empfohlen.

Beim Eröffnungsfest am 8. November gab es Bier, Würstchen, Kaffee und rheinische Riemchentorte. Es spielte die Showband des Mönchengladbacher Karnevalsvereins.


Handtuch des Staatsrechts

25. May 2008

Ein Handtuch ist von großem praktischen Wert, weiß der Reiseführer “Per Anhalter durch die Galaxis“, und weil ich (1.) bei meiner Dissertation jegliche Hilfe gebrauchen kann und (2.) ohnehin gerade allen Scheiß mitmache, beteilige ich mich am heutigen Towel Day und bringe ein Handtuch ins Büro mit:

Auf den praktischen Nutzen bin ich gespannt. Das Handtuch könnte z.B. all diese dicken Habil-Schriften lesen und mir sagen, ob was Wichtiges drin steht. Es könnte auch meine juris-Suchanfragen übernehmen und mir jede Stunde eine kleine Recherchemappe zusammenstellen. Ach ja, und Kaffee kochen, das wäre toll.


Adorno bei Manufactum

12. April 2008

Wer genug Zeit für nutzlose Diskussionen hat, kann sich hier und vor allem hier an der Suche nach dem deutschen Spießer beteiligen. Zwischenstand: Er liebt die Produkte von Apple und trinkt Bionade – obwohl letzere in Wirklichkeit Rassismus transportiert. Und ich dachte immer, Spießertum sei eher eine Geisteshaltung als ein soziales Milieu.

Vor allem aber belegen Thema und Diskussion, dass der Kapitalismus auch von denen gestützt wird, die ihn ablehnen. Coca-Cola ist US-imperialistisch? Kaufen wir Thüringer Ökolimonade! BMW baut stinkende Managerprotzkarren? Bestellen wir den Prius! Geschmacklich verfeindete Konsumentengruppen sorgen für ein vielfältiges Angebot – und damit für kapitalistischen Wettbewerb, ob sie wollen oder nicht.

Es gibt eben kein richtiges Leben im Falschen, nur ein stellvertretendes. Und wer es leben will, der zahlt. Zum Beispiel für den Toaster von Manufactum (€ 289,00). Oder für das Che-Guevara-T-Shirt (€ 19,90). Die Firma dankt.


A Walk in the Park (2)

1. February 2008

Es ist das erste und aller Voraussicht nach auch das letzte Mal, dass ich die “Junge Welt”, dieses ewiggestrige und ständig missgelaunte sozialistische Betonblatt, zustimmend zitiere, aber in kulturellen Fragen darf das sein. Der Theaterrezensent der Zeitung hat, auch wenn er am Schluss pflichtgemäß die Nase rümpft über die Imperialistensprache im Titel des besprochenen Stücks, ansonsten so was von Recht:

Man sieht verschiedene Wege und Geschichten sich kreuzen, es ist wie im Leben. Irritierend und schön.

Heute abend gibt das bat Studiotheater in Berlin eine weitere Vorstellung des wunderbaren Stücks “A Walk in the Park”, und ich schließe mich an:

Nicht gezaudert, auf ins BAT.

Vorher in diesem Blog: A Walk in the Park


Hamburg: Ehemaliger Spitzenkandidat will Präventivhaft für Jugendliche

24. January 2008

Erreicht die Jugendstrafrecht-Debatte nun auch den Hamburger Landtagswahlkampf? In einer Buchpublikation fordert der ehemalige Hamburger Bundestagswahl-Spitzenkandidat der PARTEI die vorsorgliche Ingewahrsamnahme problematischer Jugendlicher:

“Jugendliche sind das Allerletzte! Alle bescheuerten Jugendlichen gehören präventiv in den Knast, bis sie fünfundzwanzig sind. Zumindest die Typen. In jungen Männern wird die gesamte Scheiße der Welt gelagert. All der menschliche Unrat gärt in diesen laufenden Psychogüllesilos. Ich weiß das, ich war selber so.”

(Rocko Schamoni, “Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“, 2007, S. 55f.)


A Walk in the Park

3. December 2007

Ich war im Theater. Ich habe gelacht. Ich hatte Gänsehaut. Ich habe gelitten. Ich hatte Tränen in den Augen. Es war großartig.

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